Von Strebern und Losern

So, jetzt ist es vollbracht: die erste Person hat von diesem Blog erfahren! Es ist derjenige, der mich dazu auch inspiriert hat. Nicht einmal mein Mann weiß davon. Wahrscheinlich würde er mir vorhalten ich solle die Zeit lieber zum Aufräumen nutzen. Klar, könnte ich. Sollte ich. Macht aber nicht so viel Spaß...

 

Nun hoffe ich, dass die Kommentarfunktion dieses Blogs nicht eine Wiederholung dessen erlebt, was vor ca. 15 Jahren das Gästebuch meiner ersten Homepage ertragen musste. Damals hatte ich ein paar meiner Gedichte veröffentlicht. Statt mit konstruktiver Kritik füllte sich das Gästebuch jedoch mit Häme und das Mobbing, das mich schon seit dem Kindergarten begleitete, setzte sich hier fort. Als der Begriff "Cyber-Mobbing" noch nicht kreiert war, befand ich mich bereits mittendrin.

 

Zu jener Zeit habe ich folgenden Text geschrieben:

 

 

Gebannt sitze ich vor dem PC, warte ungeduldig bis er endlich hochgefahren ist. Doch heute schimpfe ich nicht über die alte Kiste. Sie kann ja auch nichts dafür. Mit zitternden Fingern taste ich nach der Maus und klicke das Symbol fürs Internet an. Noch einmal warten, bis das Modem endlich die gewünschte Seite empfängt. Ein Klick auf den Counter, der die Besucher dieser Homepage zählt. Warten. Drei neue Besucher. Zurück. Warten. Wieso hängt ausgerechnet jetzt die Maus? Jetzt, endlich! Gästebuch. Warten. Ein neuer Eintrag, das sehe ich auf den ersten Blick. Und im selben Moment den Titel „Hi Julia!“ und wer es geschrieben hat: „Alfons [...]“ Ich sinke auf dem Schreibtischstuhl zusammen. Schon wieder. Wie benommen lese ich den Eintrag, der unmissverständlich an mich gerichtet ist. Fast automatisch öffne ich eine andere Seite, gebe mein ID und Passwort ein und schreibe die IP-Nummer des Störenfrieds auf. Dann lösche ich den Eintrag aus dem Gästebuch. Unwiderruflich. Bin ich jetzt erleichtert? Nein. Die Worte verfolgen mich noch immer, als ob sie jemand direkt neben mir sprechen würde. Erkenne ich dich Stimme? Es sind mehrere. Und ich kenne sie genau. Ich kenne sie nur zu gut. Sie traktieren mich schon seit Wochen. Immer wieder diese Briefe! Ich kann hier nicht heraus. Denn selbst wenn ich die Homepage schließen würde, wenn ich den mehr oder weniger geheimen Briefeschreibern begegne, werden sie mich weiter mit Beleidigungen bewerfen? Zuzutrauen wäre es ihnen. Allerdings scheinen sie immerhin so feige, dass sie nicht einmal wagen ihre richtigen Namen zu den Einträgen dazu zu schreiben. Statt dessen den eines stadtbekannten Penners, der garantiert nie ins Internet geht. Nur meinen Namen nennen sie direkt und dazu ein paar von meinen Macken. Nägelkauen! Na und? Wer macht das schon nicht? Wenn die mal sich informieren würden warum Menschen an den Nägeln kauen, ob sie dann anders reagieren würden? Vielleicht. Aber sie werden es eh nicht machen. Ob sie jemals gelernt haben andere Menschen zu verstehen? Nein, so viel würde ich gar nicht verlangen! Nur dass sie mich akzeptieren. Und zwar so wie ich bin. Ich könnte ihnen im Gegenzug einige ihrer Macken vorlegen. Aber was würde das bringen? Dann wäre ich keinen Deut besser als sie. Eigentlich können sie einem Leid tun, wenn sie in den Ferien nichts besseres zu tun wissen als Gästebücher zuzumüllen. Doch was kann ich dagegen tun? Langsam richte ich mich auf, strecke mich. Es knackt in meinem Rücken. Da kommt mir eine Idee. Es gibt nur einen Weg...

 

 

 Die zündende Idee war leider nur ein Wunschdenken. Letztendlich habe ich die Webseite wieder abgemeldet.

Und heute hoffe ich, dass die Leser dieses Blogs erwachsener sind und sich nicht auf das unterirdische Niveau von Cyber-Mobbing begeben.

 

In der Oberstufe begann ich langsam zu verstehen - eine wahre Freundin gab mir den Tipp - dass ich wohl hauptsächlich aus Neid gedisst wurde. Gute Noten ohne besondere Anstrengung, mit 16 ein gut aussehender Freund, sportlich vielseitig, häufige Urlaube,... Lasst Euch bloß nicht niedermachen, nur weil Ihr gerne im Unterricht mitarbeitet! Ja, Streber gelten als uncool, doch lasst Euch nicht davon abhalten Euch Wissen anzueignen. Wissen ist die wirkliche Macht dieser Welt!

Neben Strebern sind die klassischen "Loser" die beliebteste Opfergruppe. Weil man sich nicht mit Punkt 16 die volle Dröhnung mit Alkohol und Zigaretten gibt. Weil man altmodische Kleidung trägt, schrullige Eltern hat, unsportlich ist oder ein Schulfach absolut nicht kapiert, bis selbst die Lehrerin die Geduld verliert ("Steck's einfach"). Leider trauen sich da nur wenige Mitschüler sich den vermeintlich Starken entgegenzustellen und Dich zu verteidigen und die Lehrer kriegen es selten mit.

Einmal habe ich in der Unterstufe eine Klassenkameradin gefragt wie sie es eigentlich hinkriegt bei allen so beliebt zu sein. Das Credo war, salopp gesagt, dass sie bei jedem so redet, wie es demjenigen gefällt, also "das Fähnchen schnell nach dem Wind dreht". Schon damals, in der 6. Klasse, habe ich kurz darüber nachgedacht und mich innerlich dagegen gewehrt mich zu verbiegen, mich für den Tipp bedankt und mir gesagt: Nein, so nicht. Auch wenn das bedeutet, dass ich weiterhin alleine bin!

Die nächsten zwei Gruppen sind dann noch die Hässlichen und die Modepüppchen. Das erste kann ganz offensichtlich, das zweite nach etwas Nachdenken ebenfalls ein Grund sein gemobbt zu werden.

 

Ich hoffe inständig, dass mein Sohn davon verschont bleibt! Denn eine Lösung habe ich noch immer nicht...

 

Heute habe ich die zweite Buchkritik online gestellt: "Der Duft von Büchern und Kaffee" von J. Vellguth.

Viel Spaß beim Lesen!

Kommentar schreiben

Kommentare: 0